Gemeinderatssitzung am 21.11.2013
Als höchst brisant erwies sich der FPÖ-Antrag die „soziale Treffsicherheit“ beim Linzer Aktivpass zu erhöhen und zu diesem Zweck eine Evaluierung vorzunehmen. So wie der Begriff Reform von der in den 1970er Jahren damit verbunden Hoffnung unter neoliberalen Bedingungen zu einer gefährlichen Drohung verkommen ist, dient immer deutlicher der Begriff Evaluierung als Hebel für soziale Verschlechterungen. Und einmal mehr zeigte sich wie schon bei der Eliminierung der noch 2009 von der SPÖ als großartige Errungenschaft gefierten Gratiskindergartenessens die Rolle der FPÖ als Vorreiter beim Sozialabbau.
Sozialstadtrat Giegler betonte dazu, dass der Aktivpass eine wichtige Säule in der Linzer Sozialpolitik sei, aber „keine Maßnahme zur Armutsbekämpfung wie etwa die Mindestsicherung“. Der Aktivpass solle die Mobilität erhöhen, die über 40.000 Inhaber_innen seinen jedoch „keine Erfolgszahl“. Er gebe jedoch der FPÖ Recht, die Maßnahme zu evaluieren und „die Sinnhaftigkeit ohne Tabus zu überprüfen“, daher sei die SPÖ für eine Zuweisung an den Sozialausschuss. Auch Gemeinderätin Veronika Leibetseder (ÖVP) plädierte für „soziale Treffsicherheit“ und verwies auf die schwierige finanzielle Lage und dass man „Kürzungen im Sozialbereich überlegen“ müsse. Im Gegensatz zu Giegler meinte sie jedoch, dass der Aktivpass sehr wohl der Armutsbekämpfung dient.
Strikt gegen den Antrag sprach sich dann Roschger (G) aus und meinte, wenn ein FPÖ-Antrag mit der „sozialen Treffsicherheit“ begründet wird, müssten „die Alarmglocken schrillen“ und sie würde „das auch bei der SPÖ erwarten“. Was die FPÖ unter Treffsicherheit verstehe, wisse man seit der schwarzblauen Regierung oder durch die Kürzung der Wohnbeihilfe des Landes durch schwarzblau. Roschger sprach vom „Zynismus in der Begründung des Antrages“ und der medialen Aufbereitung desselben, der Antrag sei ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen und daher dürfe man „der FPÖ keine Bühne bieten“. Es seien überwiegend Frauen die den Aktivpass in Anspruch nehmen, sie sei froh dass es den Aktivpass gibt und es gäbe „sehr wohl auch Tabus“. Dies löste heftigen Tumult auf der rechten Seite des Gemeinderates aus. Weiters verwies Roschger darauf, dass Bürgermeister Luger in seinen Antrittsinterviews „keine Kürzungen im Sozialbereich“ versprach und dass die Grundhaltung der FPÖ auf Kürzungen zielt.
Ähnlich argumentierte KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn, die heftig das Einschwenken der SPÖ auf den Antrag der FPÖ kritisierte und an Aussagen von Bürgermeister Luger gegen Kürzungen im Sozialbereich erinnerte. Ihre Bewertung der Argumentation der FPÖ als „asozial“ löste heftige Reaktionen aus.
Wimmer ganz empört
FPÖ-Stadtrat Wimmer sprach von einer „hellen Aufregung und Panik von Roschger und Grünn“ zu einem „sachlichen Antrag“. Scheinheilig schwadronierte Wimmer von „sozialer Gerechtigkeit“ und „wirklicher Hilfsbedürftigkeit“ und meinte die „Alarmglocken müssen bei jenen schrillen welche Leistungen zu Unrecht beziehen“. Es gelte die Mittel gerecht zu verteilen und er sei froh über einen Weckruf durch Alarmglocken. Als Beispiel führte der die Streichung des Gratismittagessens in den Kindergärten an, bei welcher ebenfalls die FPÖ Vorreiter war und sich die SPÖ im Zuge der mit dem Voranschlag 2013 erfolgten Streichungen angeschlossen hat.
Bürgermeister Luger sprach von einem Zurechtrücken und meinte als Hintergrund für die Zuweisung des Antrages an den Ausschuss, dass sonst der SPÖ „der Vorwurf des Drüberfahrens und keine Prüfung zuzulassen“ gemacht würde. Er meinte, dass „durch die Zunahme der sozialen Probleme eher eine Ausweitung des Aktivpasses“ notwendig wäre und wies den Vorwurf einer Kürzung im Sozialbereich zurück. Es gelte „über Kosteneffizienz zu diskutieren und freiwerdende Mittel umzuschichten“, es würde „keine Kehrtwendung im Sozialbereich“ geben.
Schobesberger (G) zeigte sich schockiert über Wimmer und dessen Diffamierung der Wortmeldungen von Roschger und Grünn als Panik. Es gebe „keinen einzigen Beweis, dass Leistungen zu Unrecht bezogen werden“, es gebe eine klare Regelung durch die Einkommensgrenze. Der Ruf nach Effizienz könne nur zweierlei bedeuten, „entweder die Einkommensgrenze zu senken oder den Bezieherkreis einzuschränken“. Schobesberger gratulierte sarkastisch der SPÖ, „auf den Kurs der FPÖ aufgesprungen zu sein“.
Berichterstatter Pühringer (FPÖ) dankte demonstrativ Giegler und der ÖVP „so vernünftig zu diskutieren“ und meinte, er wolle sich „über die KPÖ nicht äußern“. Wenn diese die FPÖ als asozial bezeichnet, erwarte er sich aber einen Ordnungsruf, auch wenn Luger-Vorgänger Dobusch stolz war, in 25 Jahren keinen einzigen Ordnungsruf erteilt zu haben. Derart angesprochen meinte Bgm. Luger, man solle die Worte und Begrifflichkeiten abwägen. Er wolle aber „nicht Nationalrat spielen und Ordnungsrufe erteilen“.
Daraufhin meldete sich Lenger zur Geschäftsordnung und kritisierte, dass Wortmeldungen als hysterisch bezeichnet werden und forderte eine Entschuldigung der FPÖ. Woraufhin Wimmer meinte, wenn es einen Ordnungsrufe gäbe müssten diese beidseitig sein, was ein Eingeständnis über eine verfehlte Wortwahl seitens seiner eigenen Fraktion war. Wimmers Volksweisheit „Wer austeilt, muss auch einstecken können“ fällt somit auf seine eigene Partei zurück. Die Zuweisung des FPÖ-Antrages an den Sozialausschuss wurde schließlich von SPÖ, ÖVP, FP und Reiman bei Gegenstimmen von Grünen und KPÖ beschlossen.